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Tue es, dich trifft kein Vorwurf!

Tue es, dich trifft kein Vorwurf!

Die Anbetungshandlung des Haddsch unterscheidet sich hinsichtlich der Rechtsvorschriften von jeglichen Anbetungshandlungen:

Es ist jedem bekannt, dass die absichtliche Versäumung eines Pflichtteils oder einer Elementarpflicht die Anbetungshandlung nichtig macht. Geht es aber um den Haddsch, dann sieht die Lage ganz anders aus.
Versäumt man dabei einen Pflichtteil oder eine Elementarpflicht, auch wenn absichtlich, macht das den Haddsch nicht nichtig. In diesem Fall braucht man nur gewisse Maßnahmen zu treffen, um die Gültigkeit des Haddsch wieder herzustellen oder den Haddsch richtig zu beenden.
Im Lichte dieser Einleitung versuchen wir nun die zwei Hadîthe sowie alle anderen Hadîthe zu verstehen, die in diesem Zusammenhang überliefert wurden:
Al-Buchârî und Muslim berichteten davon, dass der Prophet  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken während der Abschiedspilgerfahrt in Minâ stand, um die Fragen der Menschen zu beantworten. Ein Mann kam zu ihm und sagte: ,,Ich wusste nicht und ließ mir die Haare abschneiden, bevor ich ein Opfertier schlachtete.“ ,,Tue es! Dich trifft kein Vorwurf.“, erwiderte der Prophet  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken . Dann kam zu ihm ein anderer Mann und sagte: ,,Ich wusste nicht und schlachtete das Opfertier, bevor ich die Steinsäulen bewarf.“ ,,Tue es! Dich trifft kein Vorwurf.“, erwiderte der Prophet  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken . Immer wenn der Prophet  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken über etwas von den Riten des Opfertages gefragt wurde, (wie das Bewerfen der Steinsäule Aqaba, das Opfern, das Rasieren der Haare oder Tawâf Al-Ifâda), was nicht rechtzeitig verrichtet wurde, sagte er dem Fragesteller ,,Tue es! Dich trifft kein Vorwurf (wenn du etwas davon vor- oder nachher machst)“
Gemäß einer anderen Überlieferung kam am Opfertag ein Mann zum Propheten  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken und sagte: ,,Ich dachte, ich sollte dieses vor jenem machen: Ich ließ mir die Haare abschneiden, bevor ich das Opfertier schlachte. Ich schlachtete das Opfertier, bevor ich die Dschamrât bewarf.“ Der Prophet  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken sagte zu ihm: ,,Tue es! Dich trifft kein Vorwurf.““ Immer wenn der Prophet  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken zu dieser Zeit über etwas (von den Riten des Opfertages) gefragt wurde, sagte er dem Fragesteller: ,,Tue es! Dich trifft kein Vorwurf.“ (Al-Buchârî und Muslim)
Denselben Inhalt dieser zwei Hadîthe geben andere Überlieferungen wieder. Die Gelehrten sind aber der Meinung, dass sich die aus diesen Hadîthen entnommenen Rechtsvorschriften ausschließlich auf die Riten des Opfertages beziehen, an dem sich die meisten Riten des Haddsch ereignen, wie das Bewerfen der Steinsäule Aqaba Al-Kubrâ, das Schlachten der Opfertiere, das Kürzen oder das Abschneiden der Haare und Tawâf Al-Ifâda. Dabei stützen sie sich darauf, dass alle in diesem Zusammenhang überlieferten Hadîthe um die Riten dieses Tages gehen, auch wenn deren Wortlaute verschieden sind.
Diesen Überlieferungen nach trifft den Pilger kein Vorwurf, wenn er etwas von den Riten dieses Tages vor- oder nachher vornimmt. Das bezieht sich aber nicht auf die Riten der anderen Haddsch-Tage. Es ist also nicht gestattet, das Bewerfen der Steinsäulen vor dem Aufenthalt in der Ebene von 'Arafâ) vorzunehmen oder den Tawâf Al-Ifâda vor dem Aufenthalt in der Ebene 'Arafa zu verrichten oder für einen Mutamatti' (einen, der den Hadsch und die 'Umra nacheinander getrennt vollzieht) As-Sa'î durchzuführen, bevor er Tawâf Al-Ifâda durchgeführt hat.
Die empfohlene Reihenfolge der Riten am Opfertag wurde übereinstimmend wie folgt festgelegt:
Bewerfen der Steinsäule 'Aqaba, Schlachten, Rasieren oder Kürzen der Kopfhaare und Tawâf Al-Ifâda. Die Rechtsgelehrten sind übereinstimmend der Meinung, dass der Haddsch dessen gültig bleibt, der einen dieser Riten am Opfertag vor dem anderen vornimmt.
Ob jedoch dafür Sühne geleistet werden soll, vertreten sie verschiedene Ansichten: Einige meinen, dass man eine Sühne dafür leisten soll. Andere hingegen sagen, dass es überhaupt nicht nötig ist.
Die Mehrheit der Rechtsgelehrten ist der Meinung, dass demjenigen überhaupt nichts obliegt, der sich die Haare abschneiden lässt, bevor er die Steinsäulen bewirft, oder der einen von den Riten des Opfertages vor dem anderen vornimmt, wenn er das aus Versehen, aus Unwissenheit oder sogar absichtlich macht.
Es wurde berichtet, dass Al-Hasan und Tâwûs möge Allah sich ihrer erbarmen der Meinung waren, es obliege demjenigen nichts, der sich die Haare abschneiden lässt, bevor er die Steinsäulen bewirft. Es wurde überliefert, dass 'Atâ' ibn Abû Rabâh sagte: ,,Es ist nicht verboten, einen Ritus vor dem anderen zu vollziehen.“
Für diese Meinung der Mehrheit der Gelehrten spricht die Aussage des Propheten  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken : ,,Tue es! Dich trifft kein Vorwurf." Bezöge sich diese Aussage lediglich auf denjenigen, der aus Versehen oder aus Unwissenheit gegen die Reihenfolge verstößt, dann brächte sie keinen neuen Sinn zum Ausdruck.
Es versteht sich nämlich von selbst, dass jemandem nichts obliegt, der aus Versehen oder aus Unwissenheit eine religiöse Pflicht unterlässt, davon abgesehen, dass das Unterlassene, je nach Anbetungshandlung, nachgeholt werden soll. Wer das aber absichtlich macht, dem obliegt es, das Unterlassene nachzuholen. Ihn trifft dafür außerdem eine Schuld.
Nun ist uns klar geworden, dass sich diese prophetische Aussage nicht nur auf denjenigen bezieht, der aus Versehen oder aus Unwissenheit gegen die Reihenfolge der Riten des Opfertages verstößt, da sich dieses Prinzip von selbst versteht. Sie beschränkt sich daher nicht ausschließlich auf die Riten des Opfertages, sondern umfasst auch jeden, der aus Versehen oder aus Unwissenheit gegen die Vorschriften des Haddsch verstößt.
Diesem obliegt dementsprechend nichts. Er sollte nur den Vorschriften der Scharî´a in diesem Zusammenhang nachkommen, um es wieder gut zu machen. Auf Grund dessen bringt diese vorige prophetische Aussage einen neuen Sinn zum Ausdruck, dass nämlich derjenige keine Sühne zu leisten braucht, der gegen die Reihenfolge der Riten des Opfertages verstößt.
Es ist also gleich, ob man gegen diese Reihenfolge absichtlich, aus Versehen oder aus Unwissenheit verstößt. Denn wäre diese Reihenfolge verbindlich gewesen, wäre sie keineswegs haltlos gewesen, auch trotz des Versehens oder der Unwissenheit. Dieser Hadîth deutet dann darauf hin, dass die Einhaltung dieser erwähnten Reihenfolge der Riten des Opfertages empfohlen ist. Wer diese Reihenfolge aber nicht einhält, dem obliegt nichts.
Dass manche Überlieferungen besagen, dass dem Fragesteller die Vorschriften des Haddsch nicht bekannt waren, beschränkt die prophetische Aussage nicht auf den Zustand der Unwissenheit. Dass sie den Fragesteller der Unwissenheit bezichtigen, dient lediglich dazu, den Zusammenhang darzustellen, in dem diese Frage gestellt wurde. Es beschränkt keineswegs die Aussage des Propheten  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken auf diesen Fall der Unwissenheit.
Dieser Hadîth zählt, mit all seinen verschiedenen Überlieferungswegen, im Allgemeinen zu den wesentlichen Grundlagen für die Rechtsvorschriften der Pilgerfahrt. Im Besonderen ist er als ein wissenschaftlich fundiertes Mittel zur Wiedergutmachung verschiedener Riten des Haddsch zu betrachten, wonach man bei Bedarf greifen kann. Dieser Hadîth weist darauf hin, inwieweit es die Scharî´a ihren Anhängern leicht macht, und steht außerdem mit der Aussage Allâhs in Einklang: „Er hat euch erwählt und euch in der Religion keine Bedrängnis auferlegt.“ (Sûra 22:87)

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