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Islâm und ethische Entscheidungen

 Islâm und ethische Entscheidungen

Mein Text über Geschäftsmoral erfasst einige Gründe, warum es uns misslingt ethische Entscheidungen zu treffen, und ich werde diese gleich durchgehen. Was ich allerdings besonders Besorgnis erregend fand, war, dass auf einer Liste von Ländern mit der Reihenfolge, wie korrupt deren Regierungen und Institutionen sind, viele muslimische Länder zu den korruptesten gehören. Obwohl dies für niemanden eine neue Information sein dürfte, berührte es wirklich eine Saite in mir, da ich nicht umhin kam zu verspüren, dass der Islâm uns das Heilmittel für diese gesellschaftlichen Krankheiten bietet und es den Muslimen kläglich misslingt dieser Religion in irgendeiner Weise gerecht zu werden.

 

Ausrede Nr.1: Jeder tut es!

Ein Musterbeispiel hierfür ist das Abschreiben der Hausaufgaben eines Freundes in der Grundschule oder im Gymnasium. Natürlich beabsichtigt man nicht zu betrügen, doch der Unterricht beginnt in 45 Minuten und man hat keine Zeit, sich Gedanken über die Aufgaben zu machen. Deshalb wird man eine Note für eine Leistung bekommen, die man nicht wirklich vollbracht hat.

Etwas anderes, was mir einfällt, ist das Herunterladen von Musik, Filmen und allem, was man in einem Laden nicht umsonst erhalten kann. Es ist schon so normal geworden, dass wir nicht einmal mehr darüber nachdenken. Nur weil unser Rechtssystem noch dabei ist, umfassendere Gesetze zu entwerfen, die intellektuelles Eigentum schützen, erlaubt dies uns nicht, zu stehlen.

Der Gesandte Allâhs (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) warnte uns davor ein „Imma'a“ zu sein. Ein Imma'a ist derjenige, der, wenn die Menschen Gutes tun, Gutes tut, und wenn die Menschen Schlechtes tun, Schlechtes tut. Vielmehr ordnete er uns an, immer standhaft darin zu sein, das Rechte zu tun.

 

Ausrede Nr.2: Wenn wir es nicht tun, dann wird es jemand anderer tun!

Das Erste, was mir einfällt, ist ein Artikel, den ich in der New York Times fand und der von muslimischen Läden handelt, die Alkohol, Zigaretten, Schweinefleisch und andere Nicht-Halal-Produkte verkaufen, da sie glauben, dass diese Produkte ihr Geschäft beleben. Diese Dinge nicht mehr zu verkaufen, wäre der Tod für ihr Geschäft, da ihnen das „große Geld“ entgehen und jeder einfach woandershin gehen würde.

Diese Ausrede macht in einer kapitalistischen Denkweise mehr Sinn. Ich sage dies aus zwei Gründen: Der erste ist, dass wir im Islâm das Konzept des "rizq" (Versorgung von Allâh) haben, die Versorgung also vorbestimmt ist und angesichts dessen verteilt wird – vorausgesetzt, man bemüht sich darum.

„Und im Himmel ist eure Versorgung und das, was euch versprochen wird. Beim Herrn des Himmels und der Erde, das ist gewiss so wahr, gleichermaßen wie ihr reden könnt.“ (Sûra 51:22-23).

 

Unter Berücksichtigung dessen, macht es überhaupt keinen Sinn, zu versuchen durch etwas Unerlaubtes oder Unmoralisches das eigene Einkommen steigern zu wollen. Muslime sollten nicht die Illusion haben, etwas Unerlaubtes könne ihre Versorgung mehren oder sie besserstellen! Möglicherweise genießen sie kurzzeitige finanzielle Vorteile, doch auf welche Kosten?

Der zweite Grund ist, dass es beim Kapitalismus nur um Besitzmaximierung geht. Mit anderen Worten: Man tut alles, was man tun muss, um Gewinne zu erzielen. Indem man finanziellen Vorteil zu seiner obersten Priorität macht, ist die Ethik das Erste, was verloren geht – gemeinsam mit Gerechtigkeit und sozialer Verantwortung.

 

Ausrede Nr.3: So wurde es immer gemacht!

Ein Beispiel, das mir einfällt, sind Frauen, die ihren Hidschab an ihrem Hochzeitstag ablegen. Ein willkürliches Beispiel – ich weiß –, doch es ist eins der Dinge, die ich als eine Art Norm in der ägyptischen Kultur betrachte und die lediglich auf Grund der Anzahl der Menschen, die dies tun, akzeptiert zu werden scheint.

Abû Sa’îd Al-Chudri  möge Allah mit ihm zufrieden sein berichtete, dass der Gesandte Allâhs (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) gesagt hatte:

„Wer von euch etwas Anstößiges sieht, der soll es mit seiner Hand abwenden! Wenn er nicht dazu fähig ist, dann mit seiner Zunge. Und wenn er selbst dies nicht tun kann, dann mit seinem Herzen. Und das Letztere ist die schwächste Form des Glaubens.“ (Muslim).

Wir sind alle Reformer für uns selbst. Der Islâm verlangt von uns, das Gute zu gebieten und das Schlechte zu verbieten. Soziale Reform wird nicht über Nacht erlangt. Sie beginnt damit, dass man die Entscheidung trifft, das Richtige zu tun.

Offensichtlich ist das Ändern des Hidschâb-Verständnisses der eigenen Familie oder das Revidieren des Erscheinungsbildes der eigenen Firma nicht etwas, was man selbst tun kann. Der Hadîth bestätigt dies und uns wird geraten, den Wandel zumindest in unseren Herzen zu vollziehen.

Folglich wird er sich in unseren Taten widerspiegeln und wir werden andere allmählich belehren, indem wir mit gutem Beispiel vorangehen.

 

Ausrede Nr.4: Wir warten, bis die Rechtsexperten uns sagen, dass es falsch ist!

Kürzlich wurde mir die Geschichte einer Schule erzählt, die ihren Angestellten angeordnet hatte, ein niedrigeres Einkommen anzugeben, damit sie die Voraussetzungen für ihre gewünschte Steuerklasse erfüllen. Zudem gingen sie soweit, dass sie ihren Mitarbeitern mit dem Versprechen auf ein höheres Einkommen den Ablauf des Antrags auf Zusatzleistungen von der Kommune (Sozialhilfe) erklärten. Sie brachten nicht nur die Regierung um die Steuern, die sie hätten zahlen sollen, sondern ermutigten darüber hinaus auch noch andere, Zusatzleistungen zu beantragen, die sie nicht benötigen.

Wenn ein Mitarbeiter, der einen Streit mit der Schule hatte (nicht bezüglich dieses Punktes), rechtliche Schritte einleitete, boten sie an, sich außergerichtlich zu einigen, sofern der Mitarbeiter sie den Steuerbehörden nicht melde.

Genügt es nicht, dass Allâh der Hocherhabene sieht, was wir tun? Muss es erst die Aufmerksamkeit der lokalen Behörden erregen, dass wir uns dazu entschließen zu unterlassen, was wir eigentlich zu tun haben? Taten sprechen deutlicher als Worte. Und jetzt ist der Fall eingetreten, dass wir die Menschen mehr fürchten als Allâh den Hocherhabenen.

 

Ausrede Nr.5: Es tut niemandem wirklich weh!

Hierfür gibt es Berge von Beispielen, von Vermüllung bis Wasserverschwendung. Ich werde euch nicht mit Einzelheiten langweilen. Konzentriert euch jedoch stark darauf, was ich euch jetzt sage: Es gibt ungefähr 6,9 Milliarden Menschen auf diesem Planeten. Wenn alle so denken wie du, werden wir große Probleme haben!

Die Veränderung beginnt mit dem Einzelnen!

 

Ausrede Nr.6: Das System ist ungerecht!

So ist das Leben. Erinnere dich einfach daran, dass wir vor Allâh allein stehen werden und Er gerecht ist!

 

Ausrede Nr.7: Ich habe lediglich Befehle befolgt!

Um auf das Beispiel mit der Schule zurückzukommen: Der erste Angestellte, der darum gebeten wurde, sich an deren Steuerbetrug zu beteiligen, hätte es ablehnen und gehen sollen. Dies hätte sie gezwungen, zumindest ein zweites Mal darüber nachzudenken, bevor sie wieder jemanden darum bitten. Als die Menschen sich jedoch weiterhin allmählich in diese Kultur der Unehrlichkeit einbrachten, wurde diese akzeptabel.

Der Gesandte Muhammad (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte deutlich:

„Es gibt keinen Gehorsam [gegenüber einem Geschöpf] im Ungehorsam gegenüber Allâh!“ (Al-Buchârî und Muslim).

 

Ausrede Nr.8: Es ist eine Grauzone!

An-Numan ibn Baschîr berichtete: „Ich hörte den Gesandten Allahs (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagen:

»Das Erlaubte ist eindeutig und das Verbotene ist eindeutig. Und zwischen beidem gibt es zweifelhafte Angelegenheiten, über die nicht viele Menschen Bescheid wissen. Derjenige, der zweifelhafte Angelegenheiten meidet, entlastet sich hinsichtlich seiner Religion und seiner Ehre. Doch derjenige, der in zweifelhafte Angelegenheiten gerät, gerät in Unerlaubtes, wie der Schäfer, der um ein Heiligtum weiden lässt und fast darin grasen lässt. Gewiss, jeder König hat ein Heiligtum und wahrhaftig, Allâhs Heiligtum sind Seine Verbote. Im Körper gibt es wahrhaftig ein Stück Fleisch. Wenn es gut ist, dann ist der ganze Körper gut, und wenn es erkrankt ist, dann ist er komplett erkrankt. Es ist wahrhaftig das Herz.«" (Al-Buchârî und Muslim).

Dieser Hadîth bringt es auf den Punkt. Er unterrichtet uns im Grunde, dass wir nicht um, in oder in der Nähe von Grauzonen spielen sollen, da wir in die schwarzen geraten könnten. Es ist besser, wir sind sicher, als dass wir bedauern! Und wir sollten unser Bestes tun, Taten zu vermeiden, deren Zulässigkeit fragwürdig ist!

Die Führungsetage eines großen Unternehmens wollte einen großen Schritt machen, der zwar als unmoralisch, jedoch nicht als illegal gilt. Als der Geschäftsführer darüber entschied, ob er damit vorangehen will oder nicht, fragte er die Mitarbeiter, ob sie sich damit wohlfühlen würden, wenn ihre Entscheidung als Titel der morgigen Zeitungsausgabe veröffentlicht würde. Seine Aussage brachte alle dazu, ihre Entscheidung nochmals zu überdenken, und als Ergebnis verzichteten sie auf die Idee.

Dies erinnert mich an einen weiteren Hadîth, in dem der Gesandte Allâhs (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagt:

Frömmigkeit birgt gutes Benehmen in sich, wohingegen Sünde das ist, von dem man, wenn es einem in den Sinn kommt, nicht möchte, dass die Menschen es herausfinden.

Abschließend möchte ich betonen, wie glücklich wir als Muslime sind, eine derart klare Führung zu haben, wenn es darum geht, mit den ethischen Aspekten unseres Alltagslebens umzugehen. Leider wenden wir diese Lösungskonzepte nicht so an, wie wir es sollten, und hinken nach, wenn wir leuchtende Beispiele bester Moral und besten Verhaltens sein sollten.

Möge Allâh der Hocherhabene uns mit besserer Moral, besseren Manieren und besserem Verhalten im Allgemeinen segnen! Âmin! 

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