Haddsch ... zwischen Nutzen und Sinn – Teil 2
14/11/2011| IslamWeb
4. Brüderlicher Beistand und islâmische Solidarität:
Niemand kann leugnen, dass der Haddsch wie eine jährliche internationale Versammlung - offiziell und volksmäßig - aussieht. Der Haddsch schafft wie kein anderer Ritus einen direkten und lebendigen Tatbestand, und zwar mittels der menschlichen wirksamen charakterlichen Werte. Dies geschieht durch die unglaublich großen Mengen an Pilgern, die sich in einem einheitlichen Bild treffen und somit alle Muslime auf der ganzen Welt vertreten. Sie lernen sich kennen, verbünden sich, tauschen Meinungen untereinander aus und regeln ihre Angelegenheiten, trotz ihrer unterschiedlichen Hautfarben, Länder, Sprachen, Milieus und Lebensweisen. Sie praktizieren das Wort Allâhs des Erhabenen: „Und diese eure Umma ist wahrhaftig eine einzige Umma und Ich bin euer Herr; so seid Mir gegenüber in Ehrfurcht demütig!“ (Sûra 23:52).
Diese Szene verbreitet in der Seele die Erinnerungen an die Vergangenheit und lädt dazu ein, darüber nachzusinnen, es zu studieren und Nutzen daraus zu ziehen, damit wir uns in eine aussichtsreiche Zukunft bewegen, in der die Muslime für sich selbst, ihre Länder und ihre künftigen Generationen mehr Sicherheit, Würde, Ehre, Entwicklung und Aufschwung verwirklichen.
Die Zeit des Haddsch ist eine ausgezeichnete Gelegenheit für alle Muslime, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand zu mehren, damit sie eine einheitliche Reihe und eine Hand gegen die heutigen Bedrohungen unterschiedlicher Art, Form und Weise bilden.
5. Die Gewöhnung an die Selbstkontrolle und das Praktizieren der Organisation:
Die Pilger gewöhnen sich an die Selbstkontrolle und das Praktizieren der Organisation, wenn sie sich durch das Anlegen der Ihrâm-(Weihe-)Kleidung des Schmucks des weltlichen Lebens enthalten und sich das Schneiden von Haaren und Fingernägeln und die Verwendung von Parfüm verwehren etc. All dies tun sie für Allâh den Erhabenen, Seine Anweisungen befolgend und in der Hoffnung auf Seine Zufriedenheit, Belohnung und Nähe. At-Tabarânî überlieferte in Al-Mu'dschamu-l-Kabîr, dass der Gesandte Allâhs sagte: „Allâh der Erhabene rühmt Sich mit den Leuten von Arafât bei den Engeln. Er sagt: »Seht auf Meine anbetend Dienenden, sie sind zerzaust und mit Staub beschmutzt gekommen! Sie kommen aus jedweder Richtung. Ich nehme euch als Zeugen, dass Ich ihr Bittgebet erhört, ihre Fürbitte angenommen und dem Sündigen unter ihnen durch den Vorzug des Frommen unter ihnen vergeben habe«.“
6. Ein realistisches Bild der menschlichen Gleichheit und Fühlen der Auferstehung:
Im Haddsch zeigen sich die Bedeutungen und Erscheinungen der menschlichen Gleichheit zwischen den Menschenmassen. Sie sind in ihrer Ihrâm-Kleidung an einem einheitlichen Platz, versammeln sich zu einer einheitlichen Zeit und warten auf eine neue, gemeinsame Bewegung. Alle sind gleich – wie die Zähne eines Kamms. Es gibt keinen Unterschied zwischen ihren Reichen und Armen, Großen und Kleinen. Alle tragen ein einfaches, weißes, sich gleichendes Körpertuch, das auf die Einheit der menschlichen Schöpfung hinweist und zeigt, dass der Islâm die Gemeinschaften und Völker gleichstellt. Denn alle sind vor Allâh dem Erhabenen gleich. Diese Szenen lassen in der menschlichen Seele Bilder entstehen, die auf den Jüngsten Tag hinweisen, den Tag, an dem die Menschen barfüßig und nackt vor dem Herrn der Welten versammelt werden. Niemand von ihnen wird besser sein als der Andere außer durch seine Demut in Ehrfurcht gegenüber Allâh und seine frommen Taten.
Abschließend:
Die Absicht des Islâm besteht in der Verwirklichung jenes Nutzens und Sinnes, was den Bedarf nach ihm mit der Erneuerung der Zeit und der Entwicklung des gesellschaftlichen Lebens erneuert. Es gibt Besonderheiten und Handlungen, die die Pilger weder vergessen noch vernachlässigen sollten, wie zum Beispiel:
1. Fassen der aufrichtigen Absicht für Allâh den Erhabenen und Sich-Vergegenwärtigen Seiner Gewaltigkeit in jeder Situation und zu jeder Zeit. Man soll auch die Riten Allâhs verehren. Das Beschäftigen mit dem Gedenken Seiner und Seinem Lobpreis, mit Seiner Talbiya (während des Haddsch oft zu wiederholende Worte) und dem Bittgebet zu ihm. Dies ist der Beweis für eine aufrichtige Gesinnung und die Demut in Ehrfurcht gegenüber Allâh im Herzen: „Jenes! Und wer die Riten Allâhs hochschätzt, so gehören sie wahrhaftig zur Demut in Ehrfurcht gegenüber Allâh in den Herzen!“ (Sûra 22:32).
2. Gute Behandlung der anderen Pilger, indem man sie vor sich selbst vorzieht, sie eilends unterstützt, ihnen Rat erteilt, nachgiebig und geduldig ihnen gegenüber ist und sich nicht über deren Versehen und Fehler ärgert.
3. Man wendet seine gesamte Zeit für gute und fromme Taten und die Anbetung auf und verschwendet sie nicht unnütz, damit der Pilger sich nicht umsonst müht, nicht den falschen Weg einschlägt und ihm seine Belohnung nicht verloren geht.
4. Man vermeidet schlechte Verhaltensweisen, die der Weihe des Haddsch sowie dessen Ort und dessen Zeitpunkt schaden und dessen Stellung verletzen. Man hält sich von Dingen fern, die die Muslime belästigen oder ihnen schaden. Man benutzt die öffentlichen und privaten Versorgungsbetriebe schonend und beachtet die hygienischen Dinge. Man wirft keinen Abfall auf die Straße oder auf Plätze, an denen sich die Pilger versammeln. Man meidet den Andrang und hütet sich davor, sich zu erschöpfen und sich übermäßig zu verausgaben. Man schläft nicht auf den Wegen und Plätzen und belästigt und schadet den Anderen nicht.
Man kann indes nicht leugnen, dass die verantwortlichen Personen große Anstrengungen auf allen Gebieten unternehmen, um die Haddschis zu schützen und diesen gut zu dienen sowie ihnen Ruhe zu verschaffen und deren Interessen zu verwirklichen, damit die Haddschis die Riten einfach verrichten und in ihre Heimatländer und zu ihren Familien in Sicherheit zurückkehren können, indem sie sich auf den von Al-Buchârî und Muslim nach einer Aussage des Propheten überlieferten Hadîth freuen, nämlich: "Der fromm verrichtete Haddsch hat keine Belohnung außer dem Paradies."