Stunden des nächtlichen Stehens im rituellen Gebet – entgangene Beute – Teil 2

17/06/2012| IslamWeb

Du, die du eine Sünde begangen hast

 

Du hast die Möglichkeit, Vergebung zu erlangen, jede Nacht steht sie dir offen, sie steht dir immer offen, aber im letzten Drittel der Nacht ist sie näher und leichter zu erlangen. Abû Mûsâ ibn Qais Al-Asch’arî  möge Allah mit ihm zufrieden sein berichtete, dass der Prophet  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken sagte: „Allâh reicht Seine Hand nachts, damit der Sünder des Tages bereue, und Er reicht Seine Hand tagsüber, damit der Sünder der Nacht bereue, solange, bis die Sonne im Westen aufgehen wird.“ (Muslim).

 

In einem weiteren, oben erwähnten Hadîth heißt es, dass Allâh der Erhabene im letzten Drittel jeder Nacht zum Himmel der Erde hinabsteigt und spricht: „Wer ruft Mich, sodass Ich seinen Ruf erhöre? Wer bittet Mich, sodass Ich seine Bitte erfülle? Wer bittet Mich um Vergebung, sodass Ich ihm vergebe?“ (Al-Buchârî, Muslim).

 

Allâh der Erhabene ist immer bereit denjenigen zu vergeben, die Ihn um Vergebung bitten, sei es nun bei Tag oder bei Nacht. Doch es ist besser, bei Nacht um Vergebung zu bitten – wegen der Vorzüge, die diese Zeit mit sich bringt und wegen des Segens des letzten Teils der Nacht. Darum lobt Allâh der Allmächtige diejenigen, die bei Nacht Seine Vergebung suchen und sagt: „… und die um Vergebung Bittenden im Morgengrauen.“ (Sûra 3:17).



Denn bei Nacht um Vergebung zu bitten ist mühevoll und das ist ein Grund dafür, warum Allâh gerade dies preist. Es ist mühevoll, vom Bett aufzustehen sowie den angenehmen Schlaf und die Schläfrigkeit zu lassen, und aus diesem Grund steht es dem Erlangen der Vergebung und der Annahme der Bitte näher. Besonders dann, wenn der Grund dafür ist, dass Allâh der Erhabene zum Himmel der Erde zu dieser Zeit herabsteigt und den um Vergebung Suchenden nahe ist. Zweifellos liegt in diesem Herabkommen ein Segen, der die Bitten der Fragenden erfüllt, die Reue der um Vergebung Suchenden annimmt und das Flehen erhört.

 

Wenn du das Maß überschritten und Fehler begangen hast, sodass dir die Seele eng und das Verlangen nach Vergebung unerträglich wird, wenn du dir deiner Fehltritte und Sünden so sehr bewusst wirst, dann steh auf und bete zwei Rak’as voller Demut zu deinem Herrn, denn Er Selbst hat dir dafür die Vergebung angeboten und sagt zu dir: „Wer bittet Mich um Vergebung, sodass Ich ihm vergebe?“ Steh auf und wenn du dich im Gebet niederwirfst, dann sprich leise und voll Demut: „Allâh, ich bitte Dich um Vergebung und wende mich Dir voller Reue zu … vergib mir, hab Erbarmen mit mir, Du bist der, der das größte Mitleid hat … es gibt keine Gottheit außer Dir, du bist der Makellose und ich gehöre gewiss zu den Ungerechten … Allâh, ich habe meiner Seele selbst großen Schaden zugefügt und niemand vergibt die Sünden außer Dir, so vergib mir, hab Erbarmen mit mir, denn Du bist der Verzeihende, der Barmherzige!“

 

O Empfängerin der Gnade!

 

Wende dich deinem Herrn nachts zu und sei dankbar Ihm gegenüber, zumal die Nacht die beste Zeit ist, um seine Dankbarkeit zu zeigen! Denn der Dank bewahrt die Gnade und mehrt diese.

 

Denk an den Propheten  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken , der bei Nacht im rituellen Gebet stand, bis seine Füße wund waren, sodass jemand zu ihm sagte: „Gesandter Allâhs, hat Allâh dir nicht ohnehin all deine Sünden, vergangene und kommende, vergeben?“ Da entgegnete der Prophet  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken : „Soll ich denn kein dankbarer anbetend Dienender sein?“ (Al-Buchârî).

 

Dieser Hadîth ist ein starker Beweis, dass das rituelle Gebet bei Nacht eine der besten Gelegenheiten ist, für die Gnade zu danken. Wem von uns lässt Allâh nichts Gutes zuteil werden? Das Gute, das Allâh der Erhabene uns gewährt, ist überall erkennbar, es ist in allen großen und kleinen Dingen, im Lebensunterhalt, darin, dass wir gesund sind, in unseren Kindern und allen Lebensaspekten erkennbar. Noch mehr an Gutem jedoch ist uns verborgen. Darum ist es einfach eine Pflicht für uns, dankbar zu sein, zu jeder Zeit.

 

Diejenigen, die es am meisten verdienen, noch mehr an Gutem zu erhalten, sind die, die dankbar sind. Die geeignetste Zeit, seinem Dank Ausdruck zu verleihen, ist dann, wenn derjenige, der das Gute gewährt, zum Himmel der Erde herabsteigt. Darum begründete der Prophet  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken sein rituelles Gebet bei Nacht, indem er sagte: „Soll ich denn kein dankbarer anbetend Dienender sein?“ Soll ich denn Allâh dem Allmächtigen nicht danken?



Steh in der Nacht auf, Schwester, mit der Absicht, Allâhs zu gedenken, Ihn um Vergebung zu bitten und Ihm zu danken! Er wird dir Gutes gewähren und dir Seinen Segen im Hinblick auf dein Vermögen, im Hinblick auf deine Gesundheit, deine Kinder, deine Familie und im Hinblick auf all deine Angelegenheiten spenden.

 

Was erleichtert dir das rituelle Gebet bei Nacht?

 

Erstens gilt es, nur wenig zu essen. Denn reichliches Essen lässt einen viel schlafen. Wer nachts aufstehen will, der darf darum nur wenig essen. Der Prophet  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken verdeutlichte die Grenzen der Sättigung: „Der Mensch füllt kein schlechteres Gefäß als seinen Bauch. Einige Bissen genügen dem Sohn Adams, um sein Rückgrat aufrecht zu halten. Aber wenn das nicht möglich ist, dann sollte ein Drittel des Magens seinem Essen, ein Drittel seinem Trinken und ein Drittel seinem freien Atmen vorbehalten sein.“ (Ahmad, At-Tirmidhî in Sahîhu-l-Dschâmi Nr. 5550).

 

Abdulwâhid ibn Zaid sagte: „Wer seinem Magen gegenüber standhaft ist, ist auch standhaft in seiner Religion. Wer seinem Magen gegenüber standhaft ist, bewahrt auch standhaft seine tugendhaften Eigenschaften. Wer nicht weiß, welchen Schaden der Magen seiner Religion zufügen kann, der ist wahrhaft blind.“

 

Wahb ibn Munabbih sagte diesbezüglich: „Kein Mensch ist dem Satan lieber als der, der sich den Bauch vollschlägt und oft schläft.“ Sufyân At-Thaurî sagte: „Esst nur wenig, denn dann seid ihr fähig, das nächtliche Gebet zu verrichten!“

 

Zweitens ist es wichtig, stets ein Mittagsschläfchen zu halten. Denn der Prophet  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken wies darauf hin, den Mittagsschlaf einzuhalten, und darauf, dass der Satan dies nicht tut: „Schlaft zu Mittag, denn die Satane tun dies nicht!“ (At-Tabarânî, As-Silsilatu-s-Sahîha, Nr. 2647). Al-Hasan ging einst auf einem Markt an einigen Leuten vorbei, die lärmten und schrien, und fragte: „Schlafen diese Leute zu Mittag?“ Man antwortete ihm: „Nein!“ Da sagte er: „Ich glaube, ihre Nächte sind nichts als Übel.“

 

Ishâq ibn Abdullâh ibn Abû Farwâ sagte: „Diejenigen, die Gutes tun, halten auch einen Mittagsschlaf. Dieser enthält reichlichen Nutzen für das Herz und ist eine Stärkung für das rituelle Gebet bei Nacht.“

 

Drittens gilt es, mit den Mühen des Tages wirtschaftlich umzugehen. Damit ist gemeint, sich nicht mit Dingen zu belasten, für die in Wirklichkeit keine Notwendigkeit besteht und die keinen Nutzen bringen, wie zum Beispiel Angelegenheiten und auch Diskussionen, die einen tatsächlich nichts angehen. Unerlässlich ist es jedoch, sich dafür zu mühen, was Lebensunterhalt und Notwendigkeit erfordern, und zwar gemäß dem Interesse.

 

Viertens ist es wesentlich, sich von Vergehen fernzuhalten respektive davon abzulassen. Denn Sünden schwächen den Gehorsam Allâh gegenüber, sie lenken notwendigerweise von der Anbetungshandlung ab und halten den Gläubigen von freiwilligen Anbetungshandlungen und von den Vorzügen fern. Darum wurde oft von den Vorfahren überliefert, dass die Sünde den Gläubigen vom nächtlichen Gebet fernhält. Ein Mann sagte einst zu Al-Hasan Al-Basrî: „Abû Sa’îd, ich gehe rechtzeitig schlafen und möchte das Gebet bei Nacht verrichten und vollziehe auch die Gebetswaschung, bevor ich schlafen gehe. Warum kann ich dann nicht aufstehen?“ Da antwortete ihm Al-Hasan Al-Basrî: „Deine Sünden fesseln dich.“

 

At-Thaurî sagte diesbezüglich: „Mir wurde das Gebet bei Nacht für fünf Monate vorenthalten, und zwar wegen einer Sünde, die ich begangen hatte.“ Als man ihn fragte, welche Sünde das gewesen sei, antwortete er: „Ich sah einen Mann, der weinte, und sagte zu mir selbst: »Er ist ein Heuchler.«“

 

Ein Mann sagte zu Ibrahîm ibn Adham: „Ich schaffe es nicht, nachts zum rituellen Gebet aufzustehen. Kannst du mir ein Heilmittel nennen?“ Da entgegnete er: „Verweigere tagsüber Allâh nicht den Gehorsam, dann wird Er dich bei Nacht aufstehen lassen! Des Nachts vor Ihm im Gebet zu stehen, ist eine der größten Ehren, der Sünder aber verdient diese Ehre nicht.“

 

Fünftens ist die Reinheit des Herzens von Groll und Hass gegen die Muslime und von unerlaubten Neuerungen und sich ständig aufdrängenden weltlichen Sorgen und Interessen wesentlich, denn all dies beschäftigt das Herz, sodass es kaum imstande ist, sich um Anderes zu kümmern.

 

Sechstens lässt zu viel Furcht dem Herzen zu wenig Hoffnung. Wenn jemand jedoch an den Schrecken des Jenseits denkt und an die abwärts führenden Stufen der Hölle, flieht er das Bett und trifft seine Vorkehrungen.

 

Siebentens erinnere dich an das nächtliche Gebet mit all seinen Vorzügen und den Früchten, die es einträgt, die Sehnsucht und den Wunsch nach dem Wohlgefallen und der Belohnung Allâhs erwecken. Wir haben bereits die wichtigsten Früchte erwähnt.

 

Achtens: Die am stärksten treibende Kraft ist jedoch die Liebe zu Allâh und die Stärke im Glauben. Denn während man nachts steht, richtet man jedes Wort an Allâh und spricht einzig zu Ihm, während Allâh sieht, was dein Herz bewegt. Wenn du aber Allâh liebst, dann ist das Alleinsein mit Ihm und das Sprechen zu Ihm gewiss das Schönste. Die Schönheit des Anflehens bewegt einen nämlich dazu, lange in der Nacht zu beten.

 

Stunden des nächtlichen Stehens im rituellen Gebet – entgangene Beute – Teil 1

www.islamweb.net